Der Datenschutz ist schon längst kein “Neuland” mehr. Gerade in Hessen können wir das auch mit etwas Stolz sagen, denn wir haben 1970 das erste formelle Datenschutzgesetz der Welt beschlossen. In Europa wurde am 28. Januar 1981 die Europäische Datenschutzkonvention verabschiedet.
Um das Thema ausreichend zu würdigen, wird seit 2007 am 28. Januar der Europäische Datenschutztag begangen. Ziel ist es, die Bürger*innen Europas für den Datenschutz zu sensibilisieren.
Natürlich hat sich die Welt seit 1970, respektive 1981 erheblich verändert. Nur die wenigsten dürften damals bereits geahnt haben, wie stark das Internet und die Digitalisierung das Leben und Wirken der Menschen verändern würde. Die meisten Menschen in Europa verbringen inzwischen einen großen Teil ihres Lebens online. Egal ob bei der Arbeit, der Freizeit oder unterwegs. Und für viele unbewusst entstehen in jedem einzelnen Augenblick, den wir online verbringen, Daten in unvorstellbaren Mengen.
Laut einer Schätzung der International Data Corporation (IDC) soll diese Menge bis 2025 auf 175 Zettabyte wachsen. Um sich das besser vorstellen zu können: Würde diese Datenmenge auf haushaltsübliche 1 TB-Festplatten gespeichert werden, würde ein Stapel aus diesen Datenträgern fast dem dreieinhalbfachen Durchmesser unseres Sonnensystems entsprechen.
Ein großer Teil dieser Daten wird durch die Nutzung von Online-Services generiert. Diese Daten gehen dabei regelmäßig in den Besitz der Serviceanbieter über. Daraus hat sich eine neue Form des Wirtschaftens entwickelt – die Plattform- oder Datenökonomie. Der treibende Faktor ist die zur Verfügung stehende Datenmenge, aus deren Analyse sich nicht nur relativ genaue Vorhersagen zum Konsumverhalten treffen lassen, sondern auch Produkte ‚passgenau‘ entwickelt werden können.
Bedenklich wird die Datensammlung spätestens dann, wenn es in den Bereich der politischen Instrumentalisierung geht.
Ein großes Problem bisheriger Regulationsbestrebungen ist ihre Reaktivität. Die Gesetzgebung hat bisher nur mit Verzögerung auf Entwicklungen im Tech-Bereich reagiert.
Im vorherrschenden Wirtschaftsmodus ist es grundsätzlich erwünscht, dass privatrechtliche Unternehmungen nicht nur mit Gewinnabsicht operieren, sondern diese Gewinnabsicht auch den Kern wirtschaftlichen Handelns darstellt. Neoliberaler Laissez-faire bestimmt aktuell im Euro-Amerikanischen-Raum die legislative Arbeit im Bereich der Digitalpolitik.
Diese Entwicklung gab es vor vielen Jahrzehnten schon einmal – bis die Auswüchse so stark waren, dass der Gesetzgeber reagiert hat. Die Welt hat hierzu im vergangenen Jahr einen guten Artikel hierzu verfasst, der den Vergleich ausführlich beschreibt.
Es ist aber immer noch eine recht neue Entwicklung, dass stärkere Datenschutz- und Open-Data– Gesetzgebungen diskutiert und implementiert werden. In Hessen haben wir 2019 ein neues Digitalministerium geschaffen, um die Digitalisierung proaktiv umzusetzen und verantwortungsbewusst zu gestalten. Auf europäischer Ebene wurden die Datenschutzrechte der Bürger*innen mit der Einführung der Datenschutzgrundversorgung (DSGVO) rechtssicher formuliert und das Gebot der Datensparsamkeit und Zweckbindung formuliert. Die Einführung der DSGVO war ein Meilenstein, der weltweit Maßstäbe setzte und immer mehr Nachahmer findet.
Nun geht Europa einen Schritt weiter – aktuell findet die Debatte rund um den Digital Services Act (DSA) statt. Auch hier werden wir als Europa wieder Maßstäbe setzen. Kern des Gesetzes ist die Regulierung von Online-Diensten mit verschiedensten Maßnahmen. Nicht abschließend genannt seien Haftungsregeln, Transparenzberichte und die Schaffung von Kontaktstellen.
Trotz dieser Anstrengungen liegt natürlich noch ein weiter und volatiler Weg vor uns. Sollte es beispielsweise so kommen, dass das ‚Metaverse‘ mehr als nur ein Hype ist, stehen wir als Gesellschaft vor einer gewaltigen Aufgabe. Die Vorteile desselben gilt es zu sozialisieren und nicht nur die Gewinne zu privatisieren. Dazu braucht es eine proaktive, an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtete Digitalpolitik. Und dafür stehe ich – dafür soll auch der Datenschutztag werben und es in das Bewusstsein möglichst aller Menschen bringen.