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Tagebuch eine Lastenfahrrad-Suchenden Teil 1

In Seeheim-Jugenheim zu wohnen hat einige Vorteile¹. Einer davon ist, dass man mit öffentlichen Verkehrsmitteln (und einem Fahrrad) schon ziemlich weit kommt. Ja ich würde fast sagen, dass man hier kein Auto mehr braucht. Aber das sieht schon meine Frau anders, deswegen ist das wohl sehr subjektiv.

Seit 1. Februar befindet sich mein Arbeitsplatz nicht mehr in Frankfurt sondern in Darmstadt. Das war schon einmal der Fall und damals legte ich die tägliche Arbeitsstrecke schon so oft es ging per Fahrrad zurück.
Nun, ein paar Jahre älter, ist das immer noch der Plan. Aber neben dem körperlichen Verfall (just kidding) kommt nun noch die Überlegung dazu, alltägliche Erledigungen mit dem Fahrrad zu erledigen. Dazu passend gibt es gerade einen im Entstehen befindlichen (Mega-)Trend: Lastenräder mit elektrischem Antrieb.

Was an sich schon gut klingt, wird durch Angebote wie Jobrad, also der Finanzierung des Rades über den Arbeitgeber und damit aus dem Bruttogehalt, noch mal so richtig interessant.

Welches wird mein Herzblatt?

Nun kann man nicht sagen, dass ich eine Kaufentscheidung leichtfertig treffe. Wenn wir hier über Beträge ab circa 4.400 Euro und mehr reden natürlich umso mehr. Und so glüht die Suchmaschine, lerne ich neue Foren und Blogs wie zum Beispiel das Bakfietsblog und natürlich Fahrradhändler kennen.

Die Auswahl an Rädern, die es inzwischen gibt, hat das Stadium “klein” längst verlassen. Teilweise sind die Räder schon mehrere Jahre auf dem Markt und in einer verbesserten Version verfügbar. Kinderkrankheiten, die man im Internet teilweise noch nachlesen kann, sind somit ausgemerzt.

Wohl der sinnvollste Weg, sein Herzblatt zu finden, ist die Erstellung eines Kriterienkataloges. Das wäre für mich: Bewältigung des täglichen Arbeitsweges in leichterer und schnellerer Art und Weise, Nutzung für den Wocheneinkauf in lokalen Geschäften/Wochenmärkten, bald der Transport von kleinen Leveringhausen (und eh jetzt Gerüchte aufkommen, das dauert noch mindestens elf Monate) sowie ab und zu sicherlich der ein oder andere “Schwertransport” von eher unhandlichen Sachen. Letzteres einfach, weil man es kann…

Ich will dich, nein dich, oder dich…..

Beim durchsuchen des Internets stößt man auf einige Informationen, mein Favorit wechselte doch inzwischen einige Male. Beim Probefahren im Fahrradladen hat sich das auch kaum verändert, wobei nicht alle Räder vorrätig waren und somit doch noch Bedarf an weiteren Informationen besteht.

Nun mal in, in alphabetischer Reihenfolge, eine kurze Einschätzung zum derzeitigen Stand der Entscheidungsfindung. Einerseits für mich, andererseits verirrt sich ja vielleicht ja mal jemand hier her und findet es hilfreich.

eBullitt – Larry vs. Harry

Das Bullitt scheint für viele der primus inter pares unter den Lastenrädern zu sein. Die große Ladefläche ist für den Warentransport perfekt und Aufbauten gibt es auch reichlich. Besonders das Canopy gefällt mir. Wassergeschützt kann man so Menschen und Sachen transportieren, für den Fahrer gibt es unter der Sitzbank Ablageflächen.

Motor und Schaltung weichen von den bisher gefahrenen Bikes ab. Hier muss eine Probefahrt zeigen, wie uns das gefällt. Mehr dazu, wenn wir das geschafft haben.

Am Ende: Gefühlt ist das Bullitt im Moment auf dem zweiten Platz.

Family – Urban Arrow

Ein teilbares Fahrrad, bei dem man den vorderen Teil auswechseln kann und aus einem langen Lastenrad quasi ein “normales” Fahrrad machen kann – klingt nett. Vor allem der Umbau vom Family zum Cargo scheint mir doch sehr einfach möglich zu sein. Auch der niedrige Einstieg gefällt und ist ein echter Vorteil gegenüber dem eBullitt.

Verbaut ist ein Bosch Mittelmotor und eine Nuvinci Nabe+Schaltung. Beides wusste zu gefallen, wobei die Probefahrt natürlich nicht sehr lang war. Der Einsatz eines Chain Gliders gefällt mir – ich bin ja ehrlich genug zu sagen, dass ich es mit Wartung und Pflege nicht so habe.

Das Zubehör ist auch in Ordnung, nur eine Ablagefläche bzw. Tasche für den Fahrer fehlt mir irgendwie. Hier lässt sich leicht etwas basteln, aber das ist ein zusätzlicher Aufwand. Ansonsten gibt es neben den Abdeckungen noch eine Bank die mir im Video als sehr praktisch erscheint.

Last but not least: Das Urban Arrow ist der klare Preissieger der hier genannten Modelle.

Am Ende: ist das Family der derzeitige Favorit von Sandra.

Family F2e – Douze Cycles

Nur Außenseiterchancen hat das Family F2e. Was vor allem daran liegt, dass der nächste Fahrradladen, der dieses Bike führt, in Hannover und damit fast 400 km entfernt ist.

Dabei hat das Bike schon ein paar interessante Sachen. So steuert man über Seilzüge, was den Wendekreis wohl stark verkleinert. Zudem gibt es den Vorbau in unterschiedlichen Längen, so dass man eine gewisse Flexibilität gewinnt. Auch wenn die seitliche Umrandung der Ladefläche diese per se schon mal einschränkt.

Als Motor wird ein MPF verwendet. Im Netz wird der Motor nicht so sehr geschätzt – überprüfen werde ich es kaum können.

Am Ende: muss wohl ein kleines Wunder passieren, wenn es das Family F2e wird.

Load – Riese & Müller

Ja so ein Fahrrad muss praktisch sein. Allerlei Dinge erledigen können und so weiter. Aber potthässlich sein sollte es auch nicht, eher schon schön aussehen. Rein darauf bezogen geht wohl nichts am Load vorbei – das Ding sieht schon extrem gut (und gleichzeitig sportlich) aus.

Aber Schönheit kommt halt eher an zweiter Stelle, also mal zu den anderen Dingen. Da fällt natürlich sofort die Vollfederung ins Auge. Wie sinnvoll die ist, ist dann wiederum eine andere Frage. Das andere Hersteller hier nicht nachgezogen haben spricht eher gegen einen herausgehobenen, praktischen Nutzen.

Klarer Vorteil des Load: Es gibt eine HS (High Speed) Variante, also eine Unterstützung bis 45 km/h. Als jemand der gerne mal schneller unterwegs ist eine tolle Sache. Der Arbeitsweg von Seeheim nach Darmstadt ist zudem geradezu prädestiniert dafür.

Auch hier gibt es einen Bosch Mittelmotor und eine Nuvinci Nabe – allerdings fuhr sich das ganze gefühlt schwerer als beim Urban Arrow. Was eigentlich nicht sein kann und vielleicht noch einmal getestet wird.

Nachteilig beim Load ist neben dem Preis dann letztendlich auch die Rahmengeometrie. Denn der Alurahmen geht komplett um die Ladefläche, was die Flexibilität doch arg einschränkt.

Am Ende: ist Style halt nicht alles und das R&M quasi raus.

MK1-E – Butchers & Bicycles

Vor dem ersten Termin in einem Fahrradladen ja mein heimlicher Favorit. Neigetechnik, Tür zum Laderaum, Getränkehalter, Ablagefläche, Handschuhfach – Herz, was willst du mehr? Also mal abgesehen von einem etwas günstigeren Preis *smile*. Denn mit einem Grundpreis von 5.395 Euro sind wir hier nicht nur am Ende der Modellvorstellungen sondern auch am oberen Ende der Preisskala angelangt.

Zum Ausprobieren sind wir auch in die Bike Boutique gefahren. Das Filialnetz von Butchers & Bicycles ist noch nicht so groß, was mancherorts sicherlich auch ein Kriterium sein dürfte.
Die Beraterin im Laden meinte dann, dass man immer glaubt, mit einem Dreirad sicherer zu fahren. Bis man ein Zweirad fährt. Ich persönlich glaube ja, dass war auf Modelle wie das Nihola oder Christiana (beide ohne Neigetechnik) bezogen, aber bei Sandra waren die Worte gleich abgespeichert.

Die ersten Tritte ins Pedal waren dann aber auch durchaus “anders”. Man muss sich schon an die Technik gewöhnen. Wobei ich schon das Gefühl habe, dass man mit den drei Rädern am Ende im Winter sicherer unterwegs sein kann. Von der Technik her (Bosch und Nuvinci) gilt gleiches wie oben schon beschrieben. Wobei ich mir dieses Fahrrad sogar noch besser als das Load auch in einer HS Version vorstellen kann.
Da man durch die Breite des Radstandes eh meistens auf der Straße und nicht auf dem Radweg unterwegs sein wird, könnte man so in der Stadt wunderbar mit dem Verkehr mitschwimmen. Leider gibt es diese Version noch nicht, hoffentlich liegt die Betonung auf noch.

Die Ablagefläche und der Getränkehalter entpuppte sich auch in der Realität als eher nützlich als nur stylish. Nur das Handschuhfach enttäuschte in der Realität doch etwas. Es ist quasi nur eine große Aussparung die doch ziemlich tief ist. Alles in allem ok, aber wenn man Handschuhfach liest und dann das sieht war ich persönlich etwas konsterniert.

Sandra war alles andere als begeistert vom Probefahren. Wobei es auch nur eine sehr kurze Strecke war und man mit diesem Rad erst warm werden muss. Aber das Urteil ihrerseits steht erst einmal und ist eine klare Ablehnung.

Vor Zubehör her ist alles dabei, was man sich beim Grundaufbau wünschen kann. Normale Abdeckplane, ein Dach für Transport von Menschen sowie einige technische Spielereien wie das Carbon Drive oder das Supernova Lichtsystem (welches ich ja gerne mal in live sehen würde).

Durch den Aufbau als fester Kasten würde ein Lastentransport nur sehr eingeschränkt funktionieren – klarer Nachteil aber eben auch nur Punkt vier auf meiner Liste.

Am Ende: beibt das MK1-E immer noch mein heimlicher Favorit. Wäre da nicht meine Frau und der Preis.²

Wie geht es weiter?

Neben der Suche im Netz werde ich demnächst mal stärker vor Ort aktiv werden. Der erste Weg dürfte da zum ADFC führen, dort wird es sicherlich Fachleute für so etwas geben.

Der Fahrradladen Twenty Inch in Darmstadt bietet das eBullitt auch als Custom Bike an. Wenn ich die Tage mal vorbeischaue, um das eBullitt an sich Probe zufahren werde ich mir mal erklären lassen, was da alles möglich ist.

In wenigen Tagen, genau genommen vom 16. bis 17. April, findet in Nijmegen das BakfietsTreffen statt. Das ist leider bei uns terminlich nicht drin, aber ich habe die Hoffnung, dass wir es auf die Eurobike vom 31. August bis 4. September in Friedrichshafen schaffen.
Sollte ich wider Erwarten bis dahin ein Lastenrad gekauft haben, werden wir trotzdem versuchen hinzufahren. Immerhin gibt es ja Gerüchte über tolle Neuerungen, sei es den Anhänger von Urban Arrow oder das Trike von Urban Arrow. Und natürlich hat man die Möglichkeit, direkt mit den Herstellern zu diskutieren (und zum Beispiel eine HS-Version des MK1-E ansprechen).

1 – Dies gilt jedenfalls für die Ortsteile Seeheim, Jugenheim und mit Abstrichen Malchen. Wohnt man in Balkhausen, Ober-Beerbach, Steigerts oder Stettbach sieht es mit ÖPNV schon wesentlich schlechter aus. Dafür mit einem elektrischem (Lasten)Rad umso besser.

2 – Sandra möchte notiert sehen, dass sie das MK1-E “potthässlich” findet. Mit persönlich gefällt es richtig gut.